Am vergangenen Wochenende hatten wir die Möglichkeit den VW e-Up! für eine Probefahrt von Freitagabend bis Montagabend ausführlich zu testen. Das haben wir natürlich wieder ausgenutzt und insgesamt fast 350 km zum Centro Oberhausen und dem Drachenfels bei Bonn mit vier DC-Schnellladungen zurückgelegt. Dabei hat uns der kleine e-Up als solide ausgestatteter und vollwertiger Kleinstwagen ohne große Einschränkung gut gefallen – ein ganz normaler Volkswagen.
Erster Eindruck und die Ausstattung
Auf den ersten Blick ist der Up ein kleiner, praktischer Stadtflitzer im typischen VW Design. Der Innenraum ist wie bei Volkswagen üblich gut aufgeräumt, schlicht und übersichtlich gestaltet und auch auf der Rückbank lässt es sich gut aushalten (Viertürer). Zu bemängeln ist allerdings das glänzende Plastik am Armaturenbrett. Dieses bekommt leider leicht Fingerabdrücke und jedes Staubkorn ist sofort sichtbar. Insgesamt wirkt es durch den Einsatz des vielen Plastiks nicht besonders wertig, was bei einem Fahrzeugmodell das als Benziner bei unter 10.000€ startet evtl. auch nicht geplant war.
Lenkrad, Anzeigentafel, Automatik-Schalthebel, Radio und Klimaanlage sind dagegen in gewohnt guter VW-Qualität und wir hatten sogar ein nettes Panorama-Schiebedach. Den Kofferraum haben wir nicht ausführlich getestet, aber es gibt keinerlei Einschränkung durch den Akku, sodass 2-4 Bierkisten Platz finden sollten. Zudem befindet sich unter der Kofferraumablage noch mal recht viel Platz für Ladekabel und andere Kleinteile (s. Fotos).
Den letzten Nerv hat uns allerdings das fest verbaute und als Bordcomputer-Ersatz gedachte Navigations- und Infotainmentsystem von Garmin „maps + more“ gekostet. Nicht nur, dass es extrem langsam reagiert und Einstellungen nicht grade intuitiv vorgenommen werden konnten, hat es uns auch noch seltsame Routen ausgespuckt. Ich hoffe, das ist nicht generell so, sondern lag nur an unserem Gerät…aber ich würde uns nicht als technisch ungeschickt einstufen.
Sehr gut hat mir dagegen die Möglichkeit, die Stärke der Rekuperation in insgesamt vier Stufen über den Schalthebel einzustellen, gefallen. Der Automatik-Schalthebel kann dafür im Fahrmodus nach links (+) oder rechts (-) gedrückt werden, um während der Fahrt zwischen leichter, mittlerer und starker Rekuperation umzuschalten. Zusätzlich zum normalen Fahrmodus D gibt es noch den Modus B mit einer noch mal etwas stärkeren Rekuperation. So kann man sich im Stadtverkehr häufig das Bremsen (fast) komplett sparen. Je nachdem, wie stark über den E-Motor gebremst wird, kann sehr kurz sogar mit der vollen Leistung des E-Motors (60 kW) rekuperiert werden. Der höchste von mir gesehene Wert lag bei 59 kW Rückspeiseleistung.
Probefahrt zum Centro Oberhausen und zum Drachenfels bei Bonn
Am Samstag führte uns die Reise von Köln über Düsseldorf ins Centro nach Oberhausen (ca. 80km). Die vom e-Up prognostizierte Reichweite von etwa 140 km hätte zwar gut ausgreicht, da wir aber warm und schnell ankommen und zudem die Ladeinfrastruktur in Düsseldorf testen wollten, sind wir mit den möglichen 130 km/h über die Autobahn und haben einen CCS-Ladestopp in Düsseldorf eingelegt (ausführlicher Bericht zur CCS-Ladung). Für den Streckenabschnitt von Düsseldorf nach Oberhausen (das Centro liegt direkt an der A42) war mit vollem Akku nach Google Maps die Route A52 > A3 > A42 eingeplant, ohne dass große Staus gemeldet waren. Das Navi wollte aber lieber sofort runter von der Autobahn und nur Landstraße durch die Innenstädte von Mühlheim und Oberhausen fahren, obwohl wir vorher keinerlei Routenoptionen wie „nur Landstraße“ oder Ähnliches ausgewählt hatten. So mussten wir anhalten und sind kläglich bei dem Versuch gescheitert, das Navi von einer anderen Route zu überzeugen.
Ich glaube bei 80-100 km/h hätten wir unser Ziel, die Ladestation am Centro in Oberhausen, auch ohne Zwischenstopp erreichen können. Mit Heizung und höherer Geschwindigkeit sinkt die Reichweite des Up jedoch recht schnell, sodass wir in Düsseldorf mit 31% SoC (State of Charge) angekommen sind und nach einem DC-Ladespurt mit 99% SoC nach Oberhausen düsen konnten. Die dortige liegt direkt am Eingang zur großen COCA-COLA OASE (Fressmeile) des Urban Entertainment Centers und in Sichtweite zum Gasometer. So blieb uns die lange Suche nach einem Parkplatz in einem der zahlreichen Parkhäuser erspart. Einen Vorteil des e-Up! gegenüber dem BMW i3 konnten wir beim Ladevorgang am Centro ausmachen. Anders als der BMW i3, unterbricht VW den Ladevorgang nicht, wenn das Fahrzeug währenddessen erneut geöffnet wird. Daher hatten wir daher mit dem VW auch keinerlei Probleme an dieser RWE bzw. Energieversorgung Oberhausen (EVO) Ladestation. Mit unserem Vertrag der BEW Bergische Energie- und Wasser-GmbH (ohne Grundgebühr) haben wir dann über die „e-kWh App“ für sehr faire 35 ct/kWh während des Einkaufs etwa 7 kWh für 2,50€ nachgeladen.
Nach erfolgreicher Shoppingtour ernteten wir dann, beim Beenden des Ladevorgangs und verstauen der Ladekabel das erste Mal neugierige Blicke. Denn im Straßenverkehr fällt der e-Up! nicht direkt als Elektroauto auf. Vor allem sind es nur Kleinigkeiten, die den e-Up! von seinem Verbrennerpendant unterscheiden. Bei genauem Hinsehen hebt sich der VW e-Up durch ein bogenförmiges LED-Tagfahrlicht an der vorderen Stoßstange und – wie bei VW üblich – an den blauen Akzenten im VW-Logo ab.
Am Sonntag stand dann noch eine ganz unspektakuläre Ausflugsfahrt über die Landstraße zum Drachenfels im Siebengebirge bei Bonn an (ca. 45 km pro Strecke). Die Fahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse, so wie sich das für ein alltagstaugliches E-Fahrzeug gehört. Zu unserem CCS-Ladevorgang in Bonn (120 km Reichweite in 20 Minuten), folgt im nachfolgenden Blogbeitrag mehr.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal erwähnen, dass für uns die Fahrt in Elektroautos allgemein wesentlich angenehmer und entspannter ist und dabei gleichzeitig noch mehr Spaß macht. Es gibt keine Schaltpausen bei der Beschleunigung, die Start-Stopp-Automatik und Energierückgewinnung ist systembedingt bereits integriert, ohne dass an der Ampel beim Start der Motor rappelnd anspringen muss, super Drehmoment vom Start weg, keine ekligen Tankvorgänge, es ist leise, sauber und man gleitet entspannt dahin.
Hier muss man aufgrund der einfacheren Bauweise des e-Up allerdings dazu sagen, das man im Innenraum mehr Fahrgeräusche (Wind und Rollgeräusche) wahrnimmt, als in besser „isolierten“ Modellen, was bei Verbrennern in unterschiedlichen Fahrzeugklassen aber nicht anders ist.
Volkswagen Car-Net (App) und Energieverbrauch
Wie es sich für ein modernes (e-)Fahrzeug gehört – auch wenn man es beim Up eventuell nicht erwartet – kann er über das Garmin Navi mit dem Volkswagen Car-Net und der zugehörigen App verbunden und teilweise gesteuert werden. Die Einrichtung funktioniert sehr einfach über eine Registrierung mit Fahrgestellnummer und aktuellem Kilometerstand. Die App zeigt den aktuellen Akkustand, die Verriegelung der Türen (leider nicht steuerbar), den aktuellen Park-Standort sowie ausführliche Berichte der letzten Fahrten an. Diese Auswertungen umfassen neben der gefahrenen Strecke, Fahrzeit und Durchschnittsgeschwindigkeiten auch gute Informationen zum Energieverbrauch. Dabei wird außer dem mittleren Verbrauch der e-Motors, welcher bei mir mit Autobahnfahrten zwischen 14,8 und 19,4 kWh/100km lag (Werksangabe: 11,7 kWh/100km), auch die durchschnittlich per Rekuperation zurückgewonnene Energiemenge (beim mir etwa 3 kWh/100km) sowie der mittlere Strombedarf der Nebenverbraucher angezeigt.
Insbesondere den letzten Wert fand ich sehr interessant. Während wir den Sonntag für Klimatisierung und sonstige Nebenverbraucher nur etwa 4,4 kWh/100km benötigten, betrug dieser Wert nach meinem kurzen Arbeitsweg am Montagmorgen mit Schnee und folglich beheizten Scheiben (inkl. beheizbarer Frontscheibe), Heizung und Sitzheizung ganze 32,3 kWh/100km. Das lag aber eher an der vollen Heizleistung und der kurzen Fahrzeit von 20 Minuten (übrigens typisch Kölsch für nur 3 km bei durchschnittlich 11 km/h…). Der Wert dürfte nach anfänglich starkem Heizen schnell wieder auf ein normales Niveau sinken. Dennoch merkt man im e-Up, dass die Reichweite stärker durch Heizung und Klimatisierung beeinflusst wird als im – als reines E-Auto entwickelten – BMW i3 (z.B. mit Wärmepumpe). Sofern das Auto an einer Ladestation hängt, ist auch eine Vor-Klimatisierung über die App möglich (kein Energieverbrauch aus dem Akku), was für mich eine der besten Funktionen überhaupt darstellt.
Wie im Bild zu sehen, wird der aktuelle Verbrauch auch im Stand in der Anzeigetafel angezeigt. Im Winter können da schon mal 6 kW zusammen kommen (selten).
Fazit
Der VW e-Up! überzeugt als ruhiges, schlichtes und unauffälliges aber vollwertiges Elektroauto. So stelle ich mir in Zukunft ein ganz normales Stadtauto vor. Dafür reicht heute schon die Reichweite (insb. mit der Schnellladung). Mit einem sinkenden Preis wird der e-Up oder auch in der Variante als e-load Up etwas für Lieferdienste, Pflegedienste oder sonstige Dienstfahrzeuge in den Innenstädten sein. Obwohl der Motor nur 60 kW leistet, macht der e-Up auch auf der Autobahn noch eine recht gute Figur. Beim Anzug an der Ampel bin ich allerdings von bisher allen anderen E-Autos einiges mehr gewohnt gewesen. Abzüge gibt es für das Garmin Infotainmentsystem. Allerdings gäbe es ansonsten gar keinen „Bordcomputer“ im e-Up, da dieser eben auch das kleinste und normalerweise günstigste VW Modell darstellt (noch unterhalb des Polo). Der e-Up ist für mich daher ein solides Elektroauto für dienstliche Flotten ohne Schnickschnack, aber auch ohne Mängel oder Ähnliches. Wer Emotionen sucht und den Spaßfaktor eines E-Autos voll genießen möchte, schaut sich besser nach etwas mehr Motorleistung um. Alle Daten zum Volkswagen e-Up! finden Sie in der E-Auto Datenbank hier bei e-Stations.de.
Über unsere Erfahrungen mit 4 CCS-DC-Ladevorgängen finden Sie hier einen gesonderter Beitrag mit Daten.
An dieser Stelle noch vielen Dank an das VW Zentrum Köln (Autohaus Fleischhauer), welches den e-Up als Probefahrt über ein komplettes Wochenende zur Verfügung gestellt hat.
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